SilverLight hat geschrieben:Wobei ein Lackschichtdickenmesser generell eine gute Investition ist, auch für die Besichtigung von „Nichtjapanern“. Interessant, welche Ausreden dann auch bei Privatverkäufern zu hören sind :)
Tja, Silverlight,
das Thema "Lackdickenmesser" ist sozusagen mein Lieblingsthema.
Wiederholt schon habe ich "schlaue" Leute mit Lackdickenmesser erlebt, die nicht so richtig Schimmer vom 129er hatten, aber mit Hilfe Ihres Messgerätes Unfallwagen diagnostizieren und elende Betrüger entlarven wollten.
Ein ganz spezieller von denen würdigte rostfreie Wagenheberaufnahmen oder ähnlich sensible Stellen, auch rostfreie Fahrwerke, nicht eines Blickes, aber eine nachlackierte Heckklappe war dann ein Grund, ein wunderbares Auto madig zu reden.
Im Falle der lackierten Heckklappe hatte ich einen wunderbaren Mopf2 mit ganz wenig Meilen von einer silberhaarigen Lady in Kalifornien gekauft, die nach dem Einkauf ihre Tüten immer auf der Heckklappe abstellte, damit sie nicht im Dreck standen. Dann kramte sie in ihrer Handtasche nach ihrem Schlüsselbund, drückte den Wagen auf und stellte dann alles fein säuberlich auf den Beifahrersitz. Der Sitz war blitzsauber, aber die Klappe hinten sah echt Schyce aus. Und als sie mir erklärte, dass sie das schon seit 30 Jahren so macht, war das für mich vollkommen plausibel. Aus deutscher Sicht etwas bescheuert, aber keine Ausrede... Oh, was ich schon für Stories gehört habe...
Also habe ich das - ansonsten perfekte - Auto nach Deutschland geschafft. Ich habe die Klappe lackieren lassen und den Wagen angemeldet. Eine Saison habe ich ihn gefahren, dann habe ich das Auto irgendwann angeboten.
Als ich das mit der Klappe dem Typen mit dem Lackdickenmesser erklärte, hat er mich angesehen, als sei ich ein Vollidiot. Ohne Worte war klar, was er - er war das personifizierte Misstrauen - von mir hielt. Ausrede ist geschönt, erhielt mich für einen Lügner. Was ich aber nicht bin.
Was sagt uns ein Lackdickenmesser? Er sagt im Zweifel, dass nachlackiert wurde. Nicht mehr.
Mit Autos ist das wie mit Menschen: Nicht jeder Muslim ist Terrorist, nicht jeder Mann ist ein Fremdgänger, nicht jede Frau ist eine Zicke.
Und nicht jedes irgendwo nachlackierte Auto ist ein Unfallwagen. (Obwohl... wenn ich länger nachdenke... bei den Frauen bin ich mir nicht so ganz sicher...)
Ich habe vor Jahren einmal einen Riesenfehler gemacht: Ein 124er E320 Cabrio mit 11k miles stand mit perfektem Innenraum, blitzblankem Motorraum und wie neuem Unterboden in West Palm Beach in Florida. Außenrum war es Fall für eine Ganzlackierung: Der Wagen war rundum, wirklich überall voller kleiner Macken, von jede einzelne eher banal war, aber in ihrer Summer machten sie das Auto zum Pflegefall. Meine Frau, die mich auf solchen Touren oft begleitet, sagte: "Du willst doch wohl so eine Dreckskarre nicht kaufen?"
Und ich Idiot habe ein wunderbares Auto stehengelassen... (Ich glaube, das habe ich hier schon irgendwann geschrieben.) Wofür gibt es Lackierer? Doch nicht nur, um die Folgen schimmer Unfälle zuzukleistern. Nein, manchmal ist einfach die Sorgfalt der Besitzer einfach nicht "deutsch" genug. Dann muss halt der Lackierer 'ran. Wenn unsere Frauen in die Jahre kommen, wird doch auch gepudert... Manchmal geschieht das schon in jungen Jahren - bei Autos heißt das "Tuning"...
Problematisch ist, dass Nachlackierungen immer wieder den Argwohn späterer Interessenten wecken. Und Fotos nach dem Motto "vorher/nachher" helfen auch nicht wirklich, denn die kleinen Macken lassen sich kaum bis gar nicht fotografieren. Mit bloßem Auge sah man es sofort, auf dem Foto sieht man nix bis kaum was, jedenfalls nicht, wenn ich das knipse. Und dann wird aus den Schilderungen des Geschehenen die ganz oben beschriebene üble Ausrede.
Letztendlich zählt nach meiner Erfahrung immer das Gesamtbild des Autos. Wer die Autos kennt, die ich in den letzten 10 Jahren hatte und irgendwann wieder abgegeben habe, der weiß, wovon ich rede. Und inzwischen fahren hier im Forum einige davon herum. Ich habe immer wieder mal eine Haube lackieren lassen - Steinschläge sehen auf dunklen Hauben einfach Scheiße aus, Macken auf Heckklappen oder Türen auch.
Das muss man natürlich thematisieren. Sonst war der Argwohn berechtigt. Aber man muss eben auch "glauben können wollen".
Und wer ganz ohne Nachlackierungen herumfahren will, der wird z.B. in Lohne fündig. Manchmal auch bei mir. Aber für einen 100%er braucht es dann ein richtig dickes Sparschwein oder eine reiche Frau, gerne auch getunt. Am besten beides...
Wenn ein Auto noch unter dreißig- oder vierzigtausend Kilometern ist, sieht man das an allem. Und man spürt es beim Fahren. Wie gesagt, das Gesamtbild macht es. Wie oft haben wir das hier schon gelesen - von mir und von anderen?
Jetzt bin ich mal gespannt - Ist es schlimm, wenn etwas lackiert wurde?
Sonnige Grüße
Jürgen
Hier ein Bildchen von einem, der perfekt war: Fährt jetzt im Forum.
Aber die werde immer seltener - ich weiß das.
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